Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 08. Februar 2016 – 2 Rev 62/15, 2 Rev 62/15 – 1 Ss 111/15 –, juris

Orientierungssatz

Der materiell-rechtlichen Wirksamkeit einer Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch steht grundsätzlich nicht entgegen, wenn die Grenze zwischen einer den Schuldspruch betreffenden Schuldunfähigkeit des Angeklagten nach § 20 StGB und einer allein für den Rechtsfolgenausspruch relevanten lediglich erheblich verminderten Schuldfähigkeit undeutlich bzw. zweifelhaft ist.

Hat bereits das erstinstanzliche Gericht die Voraussetzungen nicht allein des § 21 StGB, sondern auch des § 20 StGB geprüft, besteht, jedenfalls wenn das erstinstanzliche Gericht einen Ausschluss der Schuldfähigkeit gemäß § 20 StGB verneint hat, keine Bindung des Berufungsgerichtes an die den Bewertungen des erstinstanzlichen Gerichts zu den §§ 20, 21 StGB zu Grunde liegenden Feststellungen wegen Doppelrelevanz für Schuld- und Rechtsfolgenausspruch.

Ergibt die durch das Berufungsgericht ohne Bindung an die diesbezüglichen Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichts – erneut – vorzunehmende Prüfung der Voraussetzungen des § 21 StGB, dass entgegen dem erstinstanzlichen Urteil die Voraussetzungen sogar des § 20 StGB erfüllt sind, ist die Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch unwirksam und von dem Berufungsgericht in Durchbrechung der bisher angenommenen Teilrechtskraft als unbeachtlich zu behandeln.