Ein Unterfall des Betruges nach § 263 StGB ist der so genannte Prozessbetrug. Ausgangspunkt des Prozessbetrugs ist stets ein Prozess vor einem Zivilgericht. Versucht eine der Parteien – Kläger oder Beklagter – das Gericht über eine Tatsache zu täuschen, um sich daraus einen Vorteil im Prozess zu verschaffen, begeht der Betreffende einen Prozessbetrug. Wenn die Täuschung im Prozess Erfolg hat, ist der Betrug vollendet. Fliegt der Schwindel auf, handelt es sich um versuchten Prozessbetrug. Wir beobachten seit Jahren eine steigende Tendenz, dass es Parteien mit der Wahrheit vor Gericht nicht so genau nehmen, Anwälte das Vorbringen ihrer Partei nicht mehr kritisch hinterfragen und „blind“ übernehmen, auch wenn dabei sämtliche „Warnlampen“ angehen. Bedauerlicherweise geben auch Gerichte Akten, die erkennbar einen „rosa Schimmer“ (für die Farbe des Aktendeckels der Staatsanwaltschaft) haben, mit Ausnahme von wirklich krassen Fällen kaum eine Akte von Amts wegen an die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachtes des Prozessbetruges ab. Hier sind auch die Rechtsanwälte der von einem versuchten oder vollendeten Prozessbetrug betroffenen Partei gefragt, stringent mittels Erstattung einer Strafanzeige zu agieren. Nur auf diese Weise kann man den allzu leichtfertigen Umgang mit der Wahrheit auch von Parteivertretern schrittweise uninteressant machen. Es ist sicherlich nicht angenehm, wenn sich ein Rechtsanwalt das 11. Mal zu dem Verdacht der Anstiftung oder Beihilfe zum Prozessbetrug zu äußern hat. Beim 12. Mal wird er dann vielleicht seinen gerichtlichen Vortrag bzw. denjenigen seiner Partei etwas sorgfältiger tätigen.

Die Strafbarkeit des Prozessbetruges basiert auf dem Prinzip der Wahrheitspflicht vor Gericht:

§ 138 ZPO (Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht)

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

Beispiele aus der Rechtsprechung:

BGH · Urteil vom 5. April 2007 · Az. 4 StR 5/07Hierzu veranlasste er zwei Zeugen, im Termin vor dem Arbeitsgericht am 4. Juni 2003 wahrheitswidrig zu behaupten, der Angeklagte sei durch den Handlungsbevollmächtigten der TPÜ, Dr. B. , zum Abschluss des Vergleichs unter massiver Bedrohung mit Gefahr für Leib und Leben für sich und seine Familie genötigt worden. Das Arbeitsgericht glaubte den beiden Zeugen nicht und stellte die wirksame Beendigung des Verfahrens durch den Vergleich mit Urteil vom selben Tage fest. Die Berufung des Angeklagten wies das Landesarbeitsgericht durch Versäumnisurteil zurück. In dem Strafverfahren wegen Untreue wiederholten die beiden Zeugen auf Veranlassung des Angeklagten ihre bereits vor dem Arbeitsgericht gemachten wahrheitswidrigen Aussagen. Des Weiteren benannte der Angeklagte im Berufungsverfahren vor dem Landgericht fünf weitere Zeugen aus seinem Verwandten- und Freundeskreis, die auf seine Veranlassung der Wahrheit zuwider aussagten, die Manipulationen bei der Abrechnung seien auf Veranlassung und in Absprache mit dem Firmenchef der TPÜ geschehen. Das Landgericht schenkte den Zeugen keinen Glauben und verurteilte den Angeklagten deshalb am 17. Mai 2004 wie angegeben.

BGH · Urteil vom 10. Januar 2012 · Az. 1 StR 580/11Die Angeklagte trennte sich von dem Geschäftsmann und heiratete den Sohn des Ehepaares. Um (weiter) auf Kosten des Geschäftsmannes komfortabel leben zu können, klagte die Angeklagte in engem Zusammenwirken mit ihrem Mann in einem Zivilprozess gegen den Geschäftsmann mehr als zwei Millionen US-$ ein, bei denen es sich um den Rest eines angeblichen Schenkungsversprechens des Geschäftsmannes gegenüber der Angeklagten über 5 Millionen US-$ handeln sollte. Tatsächlich war, wie die Angeklagte wusste, 1 ein solches Schenkungsversprechen nie abgegeben worden. Die Klage wurde abgewiesen, auch die hiergegen eingelegte Berufung blieb erfolglos. Im Rahmen dieses Prozesses wurden mehrere gefälschte Urkunden vorgelegt.

BGH Beschluss vom 25. November 1997, Az.: 5 StR 526/96 – Der Angeklagte machte gegen eine Versicherung einen Haftpflicht-Schadensersatzanspruch mit der wahrheitswidrigen Behauptung geltend, daß einer ihrer Versicherungsnehmer auf den PKW des Angeklagten aufgefahren sei, was der Zeuge Z beobachtet habe. Die Versicherung lehnte einen Schadensausgleich ab. Der Angeklagte erhob gegen die Versicherung Klage beim Amtsgericht Hildesheim. Dort bestätigte der Zeuge Z auf Veranlassung des Angeklagten wahrheitswidrig als Zeuge uneidlich dessen Klagevortrag, so daß dem Kläger durch Urteil ein Schadensersatzanspruch zugesprochen wurde. Der Angeklagte und der Zeuge Z hatten vor dem Gerichtstermin ihre falschen Angaben miteinander auswendig gelernt und abgestimmt. Im Rahmen der Strafzumessungsbegründung hat das Landgericht ausgeführt: Der Angeklagte hat „seinen Zeugen Z „ vor der amtsgerichtlichen Beweisaufnahme intensiv beeinflußt und auf seinen – des Angeklagten – falschen Parteivortrag festgelegt, d. h. regelrecht einen zum Lügen beeinflußten Zeugen „aufgebaut und geführt“. Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten.