In einem anderen Zusammenhang haben wir uns mit den zivilrechtlichen Rahmenbedingungen sog. Schrottimmobilien befasst. Können Geschädigte die Kaufverträge rückabwickeln? Wie sind die Chancen, beteiligte Banken mit ins Boot zu ziehen? Wie ist die Rolle sog. Anlegeranwälte zu beurteilen? An dieser Stelle wollen wir den Versuch unternehmen, die strafrechtliche Seite dieses offenbar immer noch sehr lukrativen Geschäftsmodells zu beleuchten:

Bande soll mit „Schrottimmobilien“ betrogen haben

Schrottimmobilien und unsaubere Kredite: Hat die Deutsche Bank Hunderte Kleinanleger um ihr Vermögen gebracht?

Mammutprozess wegen Schrottimmobilien startet in Berlin

Berliner Polizei nimmt Händler von „Schrottimmobilien“ fest

Berliner Notar bestreitet Schrottimmobilien-Vorwürfe

Wegschauen hilft nicht

Und dann kaufte ich eine Schrottimmobilie

Muss erst ein BGH-Richter oder ein Verwandter desselben Geschädigter dieser Machenschaften werden, bis ein „Umparken im Kopf“ stattfindet und den Handelnden endlich im Wortsinne der Prozess gemacht wird? In der Vorstellungswelt der Strafrichter schien doch dieses Geschäftsmodell, welches in der Nachwendezeit bereits tausende Anleger in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten bis hin zum Ruin gebracht hatte, Vergangenheit zu sein. In einer weiteren Hochphase vor der Finanzkrise flammte das Geschäftsmodell nochmals auf, da die Erinnerung der Anleger eher auf das Kurzzeitgedächtnis ausgelegt ist und sich auch die Methoden an die schöne neue Welt angepasst hatten. Mit dem bloßen Versprechen auf schnelles Geld und hohe Mieten ließ sich da kaum mehr jemand „hinter dem Ofen“ hervorlocken. Da mussten schon Hochglanzprospekte mit bunten Bildchen her, willfährige Steuerberater und Wirtschaftsprüfer testierten in langen Zahlenkolonnen hervorragende Renditen. In Beispielrechnungen überschlugen sich die vermeintlichen Steuervorteile. Auch sog. Mitternachts-Notare verdienten dabei kräftig mit und kamen ihren gesetzlichen Aufklärungspflichten nicht einmal mehr ansatzweise nach. Geld frisst Hirn!

Nach dieser Welle trat wiederum Ernüchterung ein, erneut waren tausende von Geschädigten zu beklagen. Die Zivilgerichte sind heute noch mit der Aufarbeitung zahlreicher Fälle befasst. Und schon schwappt die nächste Welle über die deutsche Immobilienlandschaft. Niedrige Zinsen und der Ruf des „Betongoldes“ lassen schon wieder alle Vorsicht fahren. Und die gewerbsmäßig handelnden Betrüger werden vom BGH in ihrem Handeln sogar noch bestätigt:

BGH, Urteil vom 20. Mai 2015 – 5 StR 547/14 –, juris

1. Soweit den Angeklagten vorgeworfen worden ist, die Erwerber der Eigentumswohnungen durch bewusst unzutreffende Berechnungen über die von ihnen zu tragenden monatlichen Belastungen, das Verschweigen erforderlicher Wohngeldzahlungen und/oder das Versprechen tatsächlich nicht geplanter Renovierungen der Wohnungen getäuscht zu haben, hat das Landgericht entsprechende Täuschungshandlungen aufgrund umfassender rechtsfehlerfreier Beweiswürdigung ausgeschlossen (UA S. 121 ff.). Dies wird auch durch die Staatsanwaltschaft nicht angegriffen.
2. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Landgericht eine Täuschung durch (schlüssiges) Handeln geprüft und ausdrücklich verneint (UA S. 124). Seine Ansicht, dass die Forderung und Vereinbarung eines bestimmten, gegebenenfalls auch überhöhten Preises nicht ohne weiteres die konkludente Erklärung umfasse, die verkaufte Sache sei ihren Preis auch wert (UA S. 123), ist zutreffend (vgl. Cramer/Perron in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 263 Rn. 17c). Mit Rücksicht auf das Prinzip der Vertragsfreiheit ist grundsätzlich kein Raum für die Annahme konkludenter Erklärungen über die Angemessenheit oder Üblichkeit des Preises; es ist vielmehr Sache des Käufers, abzuwägen und sich zu entscheiden, ob er die geforderte Vergütung aufwenden will (Tiedemann in LK, 12. Aufl., § 263 Rn. 35 mwN). Für den Verkäufer besteht bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit und des Wuchers grundsätzlich auch keine Pflicht zur Offenlegung des Werts des Kaufobjektes, selbst wenn dieser erheblich unter dem geforderten Preis liegt (BGH, Urteil vom 14. März 2003 – V ZR 308/02, NJW 2003, 1811, 1812 mwN). Im Regelfall muss der Verkäufer den Käufer auch nicht auf ein für diesen ungünstiges Geschäft hinweisen, sondern darf davon ausgehen, dass sich sein künftiger Vertragspartner im eigenen Interesse selbst über Art und Umfang seiner Vertragspflichten Klarheit verschafft hat (BGH aaO mwN).

Es bleibt zu hoffen, dass sich die Strafgerichte künftig eines anderen und besseren besinnen. Dazu bedarf es jedoch kluger Staatsanwälte, die die eigentlichen Täuschungshandlungen zutreffend herausarbeiten und dann ebenso kluger Landgerichte, die das entsprechend würdigen. Solange der Bundesgerichtshof, der ausdrücklich keine Tatsacheninstanz ist, stets Urteile zur Überprüfung in der Revisionsinstanz erhält, deren Tatsachenfeststellungen die erforderliche Tiefe und Breite vermissen lassen, wird dem Unwesen kein Einhalt geboten.