Das Ermittlungsverfahren oder Vorverfahren ist Ausgangspunkt jedes Bußgeldverfahrens oder Strafverfahrens. Gesetzlich geregelt ist das Ermittlungsverfahren in den §§ 160 – 177 StPO (Strafprozessordnung). Nach dem sogenannten Legalitätsprinzip müssen Ermittlungen stets dann aufgenommen werden, wenn Hinweise auf eine Straftat vorliegen bzw. Strafanzeige erstattet worden ist. Bei sogenannten Antragsdelikten muss die Staatsanwaltschaft nur dann Ermittlungen aufnehmen, wenn der Verletzte einen Strafantrag gestellt hat oder ein besonderes öffentliches Interesse an der Verfolgung der Straftat vorliegt.

Ermittlungsführerin ist in der Regel die örtlich zuständige Staatsanwaltschaft mit Unterstützung der zuständigen Verwaltungsbehörden im Bereich der Ordnungswidrigkeiten bzw. der Polizei im Bereich der Straftaten.

Die Steuerfahndung hat im Bereich der Steuerstraftaten dieselben Befugnisse wie die Verwaltungsbehörden und die Polizei nach den Vorschriften der Strafprozessordnung. Gleiches gilt sinngemäß auch für die Zollfahndung in den diese betreffenden Zuständigkeitsbereichen. Ermittlungsführerin und „Herrin des Verfahrens“ bleibt gleichwohl in allen Fallkonstellationen die Staatsanwaltschaft.

Ist das Ermittlungsverfahren abgeschlossen, ist es demgemäß allein Sache der Staatsanwaltschaft, über die Anklageerhebung, die Beantragung eines Strafbefehls oder die Einstellung des Verfahrens zu entscheiden. Liegt ein sog. hinreichender Tatverdacht gemäß § 170 Abs. 1 StPO vor, wird Anklage erhoben oder ein Strafbefehl beantragt, das Strafverfahren tritt damit in das Zwischenverfahren bei dem zuständigen Gericht ein. Liegt hingegen kein hinreichender Tatverdacht vor, wird das Verfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO von der Staatsanwaltschaft eingestellt.

Andere Formen der Verfahrensbeendigung sind beispielsweise auch die Einstellung nach §§ 153, 153a oder 154 StPO.

Gerade im Ermittlungsverfahren ist die professionelle Tätigkeit versierter Strafverteidiger gefragt, dies mit dem klar definierten Ziel der Vermeidung einer Anklageerhebung, um eine öffentliche Hauptverhandlung zu vermeiden. Zwei Drittel aller Ermittlungsverfahren werden nach statistischen Erhebungen vor Anklageerhebung auf welche Weise auch immer eingestellt. Die Quote in unserer Kanzlei liegt – sicherlich auch in Abhängigkeit von der Art der Verfahren – weit darüber. „Klassische“ Strafverteidiger mit der „klassischen“ Klientel bevorzugen hingegen oftmals die Strategie, in der Phase des Ermittlungsverfahrens keinerlei Einlassung zur Sache zu tätigen und auf einen Freispruch (oder eine milde Bestrafung) in der Hauptverhandlung zu setzen. Die durch uns vertretenen Mandanten stammen häufig aus einer Bevölkerungsschicht, die sich die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung nicht „leisten“ kann, ohne erheblichen Schaden an der gesellschaftlichen Reputation zu nehmen. Auch aus diesem Grunde setzen wir in aller Regel bereits in der frühest möglichen Phase mit einer offensiven und proaktiven Verteidigungsstrategie an, dies nicht nur, um die Öffentlichkeit zu vermeiden, sondern eben auch, um eine Verurteilung mit Eintrag im Bundeszentralregister zu verhindern, also die „strafrechtliche Jungfräulichkeit“ mit allen Mitteln zu bewahren. Dies ist zwar manchmal mit dem Einsatz nicht unerheblicher finanzieller Mittel verbunden, etwa durch die Festlegung / Aushandlung einer Geldbuße, gegen die dann die Staatsanwaltschaft ggf. zur Einstellung des Verfahrens bereit ist. Auf der „Habenseite“ steht dann aber das gewünschte Ergebnis, das oftmals „unbezahlbar“ ist.