Der Verteidiger ist neben der Staatsanwaltschaft und dem Gericht ein unabhängiges, selbständiges Organ der Rechtspflege. Der Strafverteidiger ist dem Gericht und der Staatsanwaltschaft gleichgeordnet und keineswegs weisungsabhängig. Zu jedem Zeitpunkt des Strafverfahrens, also im Ermittlungsverfahren, Zwischenverfahren und im Hauptverfahren und zwar in jeder Instanz, hat der Beschuldigte das Recht, einen Verteidiger beizuziehen. Auch in der Strafvollstreckung darf sich der Verurteilte rechtlichen Beistandes bedienen. Hierüber ist der Beschuldigte zu belehren. Erklärt der Beschuldigte, einen Verteidiger hinzuziehen zu wollen, ist die Vernehmung sofort zu unterbrechen und auf das Eintreffen des Verteidigers zu warten.

Der Strafverteidiger ist auch an Weisungen des Beschuldigten nicht gebunden, hat aber allein den Interessen seines Mandanten zu dienen. Bei widerstreitenden Auffassungen zur Verteidigungsstrategie des Beschuldigten kann der Verteidiger das ihm erteilte Mandat niederlegen, er darf dies jedoch nicht zur Unzeit tun. Die Verteidigung mehrerer Beschuldigter in demselben Verfahren ist wegen möglicher Interessenkollisionen gesetzlich unzulässig.

Die Strafverteidigung setzt möglichst frühzeitig ein, also in der Regel bei bzw. nach Einleitung eines Ermittlungsverfahrens durch die Ermittlungsbehörde. Bei Steuerstrafsachen sollte der Erstkontakt mit dem Strafverteidiger hingegen naturgemäß vor der Entdeckung der Straftat hergestellt werden, wenn seitens des Steuerpflichtigen die Erstattung einer Selbstanzeige zur Erlangung einer Strafbefreiung geplant ist.

Auf allen Ebenen des Erkenntnisverfahrens bis hin zur Hauptverhandlung ist nach unseren Erfahrungen der proaktive Umgang mit Polizei, Steuerfahndung und Staatsanwaltschaft stets hilfreich. Bereits hier kann und sollte alles daran gesetzt werden, um aus den verschiedensten in Betracht kommenden Gründen eine Einstellung des Verfahrens zu erreichen. Der „Königsweg“ ist hierbei die Einstellung des Verfahrens aus tatsächlichen Gründen, also der Mangel an verwertbaren Beweisen für die Verwirklichung des inkriminierten Straftatbestandes. Hierzu ist Gegenstand der Strafverteidigung die intensive Auseinandersetzung mit den einzelnen Merkmalen des Straftatbestandes, also z.B. im Bereich der Vermögensdelikte das Fehlen der Täuschungshandlung oder eines Vermögensschadens. Kann die Ermittlungsbehörde hingegen die Verwirklichung des objektiven Straftatbestandes in allen Details nachweisen, kommen Rechtfertigungsgründe oder Entschuldigungsgründe wie Einwilligung (im Bereich der Arztstraftaten) des Verletzten, Notwehr oder Notstand in Betracht. Im subjektiven Bereich spielen der Irrtum über einzelne Tatbestandsmerkmale, fehlender Vorsatz, nicht gegebene Fahrlässigkeit oder auch die Frage der Schuldfähigkeit eine Rolle.

Bevor also über mögliche „Deals“ mit der Staatsanwaltschaft und dem Gericht gem. § 257c StPO diskutiert wird, deren Sinnhaftigkeit und insbesondere Vereinbarkeit mit dem deutschen Rechtssystem in der jetzigen Ausprägung durchaus ernsthaften Zweifeln unterliegt, sollte die Strafverteidigung im Benehmen mit dem Beschuldigten zuvor ihre „Hausaufgaben“ machen und in materiell-rechtlicher Hinsicht Argumentationen vorbereiten, die seitens der Ermittlungsbehörden Zweifel daran wecken, dass eine erhobene Anklage auch zu einer Verurteilung führt. Je höher die tatsächlichen und rechtlichen Hürden aufgebaut werden (können), um so größer ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass es nicht zu einer Anklageerhebung kommt. Gerade in den durch unsere Kanzlei schwerpunktmäßig bearbeiteten Fällen aus dem Bereich der Insolvenzdelikte, Steuerdelikte und Vermögensdelikte aller Art können sehr häufig erhebliche Zweifel bei der Staatsanwaltschaft geweckt werden.

Auf welche Weise dann das Verfahren ohne Durchführung einer Hauptverhandlung einer Erledigung zugeführt wird, vornehmlich nach § 153a StPO, Einstellung gegen Zahlung einer Geldbuße, hängt dann noch von weiteren Faktoren ab. Gelegentlich kommt auch der Erlass eines Strafbefehls in Betracht, gegen den dann in Absprache mit dem Mandanten kein Einspruch eingelegt wird.

Gelangt das Verfahren gleichwohl in die Hauptverhandlung, ist wiederum stringente Tätigkeit des Strafverteidigers gefragt, Stichworte sind hier zum Beispiel

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