Bei der Telefonüberwachung oder im Behördendeutsch Telekommunikationsüberwachung handelt es sich um die im Strafverfahrensrecht übliche Bezeichnung für die Überwachung von Telekommunikationsvorgängen und -inhalten. Dazu zählen das Abhören von Telefongesprächen und das Mitlesen von E-Mails, Kurzmitteilungen (SMS) und Telefaxen sowie Funkzellenabfrage. Rechtsgrundlage für die Überwachung sind – je nach Anlass und Ziel der Überwachungsmaßnahme – entweder die Polizeigesetze der Länder oder § 100a StPO. Daneben existieren noch eine Reihe von Sondergesetzen.
§ 100a StPO (Telekommunikationsüberwachung)
(1) Auch ohne Wissen der Betroffenen darf die Telekommunikation überwacht und aufgezeichnet werden, wenn
1. | bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand als Täter oder Teilnehmer eine in Absatz 2 bezeichnete schwere Straftat begangen, in Fällen, in denen der Versuch strafbar ist, zu begehen versucht, oder durch eine Straftat vorbereitet hat, | |
2. | die Tat auch im Einzelfall schwer wiegt und | |
3. | die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise wesentlich erschwert oder aussichtslos wäre. |
(2) Schwere Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 sind:
1. | aus dem Strafgesetzbuch: | ||
a) | Straftaten des Friedensverrats, des Hochverrats und der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates sowie des Landesverrats und der Gefährdung der äußeren Sicherheit nach den §§ 80 bis 82, 84 bis 86, 87 bis 89a, 89c Absatz 1 bis 4, 94 bis 100a, | ||
b) | Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern nach § 108e, | ||
c) | Straftaten gegen die Landesverteidigung nach den §§ 109d bis 109h, | ||
d) | Straftaten gegen die öffentliche Ordnung nach den §§ 129 bis 130, | ||
e) | Geld- und Wertzeichenfälschung nach den §§ 146 und 151, jeweils auch in Verbindung mit § 152, sowie nach § 152a Abs. 3 und § 152b Abs. 1 bis 4, | ||
f) | Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung in den Fällen der §§ 176a, 176b, 177 Abs. 2 Nr. 2 und des § 179 Abs. 5 Nr. 2, | ||
g) | Verbreitung, Erwerb und Besitz kinder- und jugendpornographischer Schriften nach § 184b Absatz 1 und 2, § 184c Absatz 2, | ||
h) | Mord und Totschlag nach den §§ 211 und 212, | ||
i) | Straftaten gegen die persönliche Freiheit nach den §§ 232 bis 233a, 234, 234a, 239a und 239b, | ||
j) | Bandendiebstahl nach § 244 Abs. 1 Nr. 2 und schwerer Bandendiebstahl nach § 244a, | ||
k) | Straftaten des Raubes und der Erpressung nach den §§ 249 bis 255, | ||
l) | gewerbsmäßige Hehlerei, Bandenhehlerei und gewerbsmäßige Bandenhehlerei nach den §§ 260 und 260a, | ||
m) | Geldwäsche und Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte nach § 261 Abs. 1, 2 und 4; beruht die Strafbarkeit darauf, dass die Straflosigkeit nach § 261 Absatz 9 Satz 2 gemäß § 261 Absatz 9 Satz 3 ausgeschlossen ist, jedoch nur dann, wenn der Gegenstand aus einer der in den Nummern 1 bis 11 genannten schweren Straftaten herrührt, | ||
n) | Betrug und Computerbetrug unter den in § 263 Abs. 3 Satz 2 genannten Voraussetzungen und im Falle des § 263 Abs. 5, jeweils auch in Verbindung mit § 263a Abs. 2, | ||
o) | Subventionsbetrug unter den in § 264 Abs. 2 Satz 2 genannten Voraussetzungen und im Falle des § 264 Abs. 3 in Verbindung mit § 263 Abs. 5, | ||
p) | Straftaten der Urkundenfälschung unter den in § 267 Abs. 3 Satz 2 genannten Voraussetzungen und im Fall des § 267 Abs. 4, jeweils auch in Verbindung mit § 268 Abs. 5 oder § 269 Abs. 3, sowie nach § 275 Abs. 2 und § 276 Abs. 2, | ||
q) | Bankrott unter den in § 283a Satz 2 genannten Voraussetzungen, | ||
r) | Straftaten gegen den Wettbewerb nach § 298 und, unter den in § 300 Satz 2 genannten Voraussetzungen, nach § 299, | ||
s) | gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c, 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 3, des § 309 Abs. 1 bis 4, des § 310 Abs. 1, der §§ 313, 314, 315 Abs. 3, des § 315b Abs. 3 sowie der §§ 316a und 316c, | ||
t) | Bestechlichkeit und Bestechung nach den §§ 332 und 334, | ||
2. | aus der Abgabenordnung: | ||
a) | Steuerhinterziehung unter den in § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 genannten Voraussetzungen, | ||
b) | gewerbsmäßiger, gewaltsamer und bandenmäßiger Schmuggel nach § 373, | ||
c) | Steuerhehlerei im Falle des § 374 Abs. 2, | ||
3. | aus dem Arzneimittelgesetz: Straftaten nach § 95 Abs. 1 Nr. 2a unter den in § 95 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Buchstabe b genannten Voraussetzungen, | ||
4. | aus dem Asylgesetz: | ||
a) | Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84 Abs. 3, | ||
b) | gewerbs- und bandenmäßige Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84a, | ||
5. | aus dem Aufenthaltsgesetz: | ||
a) | Einschleusen von Ausländern nach § 96 Abs. 2, | ||
b) | Einschleusen mit Todesfolge und gewerbs- und bandenmäßiges Einschleusen nach § 97, | ||
6. | aus dem Außenwirtschaftsgesetz: vorsätzliche Straftaten nach den §§ 17 und 18 des Außenwirtschaftsgesetzes, | ||
7. | aus dem Betäubungsmittelgesetz: | ||
a) | Straftaten nach einer in § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 in Bezug genommenen Vorschrift unter den dort genannten Voraussetzungen, | ||
b) | Straftaten nach den §§ 29a, 30 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 sowie den §§ 30a und 30b, | ||
8. | aus dem Grundstoffüberwachungsgesetz: Straftaten nach § 19 Abs. 1 unter den in § 19 Abs. 3 Satz 2 genannten Voraussetzungen, | ||
9. | aus dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen: | ||
a) | Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3 und § 20 Abs. 1 und 2 sowie § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, | ||
b) | Straftaten nach § 22a Abs. 1 bis 3, | ||
10. | aus dem Völkerstrafgesetzbuch: | ||
a) | Völkermord nach § 6, | ||
b) | Verbrechen gegen die Menschlichkeit nach § 7, | ||
c) | Kriegsverbrechen nach den §§ 8 bis 12, | ||
11. | aus dem Waffengesetz: | ||
a) | Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3, | ||
b) | Straftaten nach § 52 Abs. 1 Nr. 1 und 2 Buchstabe c und d sowie Abs. 5 und 6. |
(3) Die Anordnung darf sich nur gegen den Beschuldigten oder gegen Personen richten, von denen auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie für den Beschuldigten bestimmte oder von ihm herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben oder dass der Beschuldigte ihren Anschluss benutzt.
(4) Liegen tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme vor, dass durch eine Maßnahme nach Absatz 1 allein Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung erlangt würden, ist die Maßnahme unzulässig. Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung, die durch eine Maßnahme nach Absatz 1 erlangt wurden, dürfen nicht verwertet werden. Aufzeichnungen hierüber sind unverzüglich zu löschen. Die Tatsache ihrer Erlangung und Löschung ist aktenkundig zu machen.
Die Telefonüberwachung stellt neben der Untersuchungshaft und der Wohnungsdurchsuchung den dritten grundrechtsrelevanten Eingriff der Ermittlungsbehörden in Rechte von Beschuldigten (Fernmeldegeheimnis), im gesetzlich vorgesehenen Ausnahmefall sogar von Dritten, dar, der aus diesem Grunde auch der Anordnung durch den Ermittlungsrichter bedarf. An der Effizienz der Telefonüberwachung wird bereits seit Jahren gezweifelt, denn die Menge der abgehörten Telefonate steht in keinem Verhältnis zu den Ermittlungsergebnissen. Bedenklich wird dies auch und gerade vor dem Hintergrund, dass weit mehr Dritte von den Maßnahmen betroffen waren, als die Beschuldigten selbst, von einem Ausnahmefall daher keine Rede mehr sein kann.