Das Landgericht Fulda hatte den Angeklagten wegen Totschlags in Tateinheit mit versuchter schwerer räuberischer Erpressung mit Todesfolge, fahrlässiger Körperverletzung und Führen einer Schußwaffe sowie weiterer waffenrechtlicher Vergehen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwölf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dem lag zugrunde:

Der Angeklagte löste bei einer Geschwindigkeitskontrolle auf der Autobahn ein Blitzlicht aus und wurde fotografiert. Wegen seines hohen Punktestands im Verkehrszentralregister fürchtete er den Verlust seiner Fahrerlaubnis. Er wollte daher den Film aus der Überwachungskamera an sich bringen, um eine Geldbuße zu verhindern. Er fuhr zu der Meßstelle zurück, nahm seine mit 15 Schuß geladene halbautomatische Selbstladepistole und lief zu dem Meßwagen, in dem zwei Polizeibeamte den Verkehr beobachteten. Ihnen gegenüber behauptete er, er habe eine Panne und brauche Hilfe. Als der Polizeibeamte die Wagentür öffnete, um nach Kennzeichen und Wagentyp zu fragen, drückte der Angeklagte die Tür ganz auf. Er wollte die Herausgabe des Radarfilms durch Drohung mit seiner Waffe erreichen. Er zog die ungesicherte Waffe heraus, lud sie durch und schoß sodann aus 50 cm Entfernung auf den im Fahrzeug sitzenden Polizeibeamten. Dieser war sofort tot. Durch dieselbe Kugel wurde auf dem Beifahrersitz der zweite Beamte am Oberarm verletzt. Danach flüchtete der Angeklagte, ohne den Film erlangt zu haben.

Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft, der Nebenkläger (Hinterbliebene des getöteten Tatopfers) und des Angeklagten hat der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofes das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts Fulda zurückverwiesen. Das Landgericht hat zwar rechtsfehlerfrei festgestellt, daß der Angeklagte den Polizeibeamten vorsätzlich getötet hat. Die Begründung, mit der das Landgericht für diese Tat Mordmerkmale verneint hat, hält der rechtlichen Prüfung jedoch nicht stand, weil das Landgericht nicht alle Tatumstände, die die Annahme eines Mordmerkmals begründen könnten, in seine Erwägungen einbezogen hat. Die neue Schwurgerichtskammer wird daher nochmals zu prüfen haben, ob der Angeklagte heimtückisch, aus niedrigen Beweggründen oder in der Absicht gehandelt hat, eine andere Straftat zu ermöglichen. Im übrigen weist das Urteil auch einen Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten auf. Denn der Schuldspruch wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung mit Todesfolge konnte nicht bestehen bleiben, weil die von dem Angeklagten erstrebte Verhinderung einer Geldbuße kein Vermögensvorteil im Sinne dieser Strafvorschrift darstellt und der Angeklagte daher auch nicht in der Absicht handelte, sich zu Unrecht zu bereichern.

Urteil vom 17. August 2001 – 2 StR 159/01 –

Karlsruhe, den 17. August 2001

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