Thomas Fischer ist Bundesrichter in Karlsruhe und schreibt für ZEIT und ZEIT ONLINE über Rechtsfragen. In losen Abständen veröffentlichen wir hier einige seiner informativen und gleichermaßen humorvollen Beiträge und Kolumnen. Viele zeichnen sich durch Erinnerungen an (nicht nur) seine Kindheit oder aktuellen Beispielen aus Politik und Zeitgeschehen aus und lassen die in diesem Zusammenhang „gezeichneten“ Bilder klar vor Augen erscheinen – mit einem Wort: lesenswert!


Die Bürger des Ostens sind besorgt. Der Blutdruck ist hoch, die Leberwerte schlecht, vor der Tür lauern der Syrer, der Nigerianer und Sigmar Gabriel. Ein paar Vorschläge.

1. September 2015, 16:49 Uhr / Aktualisiert am 1. September 2015, 18:32 Uhr

Anrede

Bürgerinnen und Bürger des Ostens, wo immer er sei! Heidenauer, Salzhemmendorfer, Oberhausener! Der Kolumnist hört mit Betroffenheit, dass Sie besorgt seien. Er hat daher das empathische Bedürfnis der Mitbesorgnis. Allerdings fehlt ihm noch das Entscheidende: eine Art von vernünftigem Grund.

Besorgnisse

In Sachsen, einem schönen Land, habe ich acht Jahre meines Lebens verbracht. Schon damals, 1993 bis 2000, war man dort besorgt: Dass der Nachbar mehr kriege als man selbst, dass die Wohnung vielleicht im Jahr 2025 gekündigt werden könnte, dass die Soljanka verboten oder ein Vietnamese Ausländerbeauftragter werde.

Nun sind viele der Daheimgebliebenen wieder tief besorgt. Ihr Ministerpräsident kann das nicht verstehen, denn bekanntlich gehört zwar der Sorbe, nicht aber der Islam zu Sachsen; daher muss man sich keine Sorgen machen. So sieht’s auch der Oberbürgermeister von Erfurt (das liegt, liebe Münchner, nicht in Sachsen, aber in der Nähe) mit klarer antifaschistischer Gesinnung: „Deutschland darf kein zweites Heidenau werden!“; zu diesem Zweck sollen Flüchtlingskinder vorerst mal im Zelt bleiben und nicht die Schulen deutscher Bürger verstopfen.

Unterdessen blicken wir fassungslos auf eine Straßenblockade durch den Vorsitzenden der Partei der deutschen Arbeiterbewegung, Sigmar G., der den Besorgten „keinen Millimeter Raum“ geben will in jenem Deutschland, das Patriotische Europäer aus Markkleeberg doch mit eigener Hände Arbeit bis auf Weltniveau gebracht haben. Hilfe ist nicht in Sicht. Seit 25 Jahren weigert sich Helmut K. standhaft, das Land mit Weihwasser zu besprengen, auf dass endlich die Landschaften blühen und Carmen Nebel die Tagesschau moderiert.

„Wir sind“, so formulierte es eine besorgte Heidenauerin am 26. August in das Mikrofon der besorgten Reporterin, „1945 aus Schlesien gekommen. Keiner hat uns gewollt. Obwohl wir Deutsche waren.“ Weil keiner sie wollte, will sie jetzt auch keinen. Da geht dem Kolumnisten das Herz auf: Das ist ein Rachebedürfnis, das eines Bruce Willis würdig wäre! 75 Jahre lang hat die Schlesierin gewartet; jetzt schlägt sie zurück.

Fluchten

Wir sind ja Blut vom selben Blute! Wir Vertriebenen, wir Flüchtlinge. Der Deutsche allzumal ist praktisch dauernd auf der Flucht. Erinnern Sie sich?

Im 18. und 19. Jahrhundert flohen Millionen kräftiger, arbeitsfähiger junger deutscher Elendsflüchtlinge auf der Westroute (Amerika) oder der Südostroute (Australien). Sie überfluteten die Baumärkte und Turnhallen in Illinois und Massachusetts, wurden durchgefüttert von gottesfürchtigen Quäkern, ausgeraubt, betrogen und zusammengeschlagen von besoffenen New Yorkern, die drei Schiffe früher angekommen waren. Die Überlebenden gründeten den original Wilden Westen. Intschuschuna und Hop Sing waren ihre Häuptlinge, und Karl May, ein homoerotischer Leptosom aus Radebeul, ihr Prophet.

Ab Januar 1933 floh wieder das halbe deutsche Volk, diesmal vor dem Faschismus, in die Schweiz, nach Frankreich, mit Wohnwagen in die Niederlande, vereinzelt sogar ins Arbeiterparadies am Ural. Um die Menschheitsverbrechen des Nationalsozialismus nicht mitmachen zu müssen. Wir wollen aber nichts beschönigen (namentlich der Sachse ist seit der Einkreuzung hugenottischer Flüchtlinge im Jahr 1685 ein aufrichtiger Mensch). Man muss deshalb zugeben, dass sich unter die ab 1933 in die weite Welt Hinausziehenden ein paar zweifelhafte Armutsflüchtlinge gemischt hatten (ich sage nur: M. Dietrich, B. Brecht, T. Adorno), die sich in Amerika durchfüttern ließen, bloß weil sie in Deutschland im erlernten Beruf keine Arbeit fanden. Auch ein späterer Gouverneur von Kalifornien soll unter umstrittenen Umständen von Graz über das Meer gelangt sein.

Wie auch immer: Der deutsche Vertriebene weiß, was Flucht bedeutet. Er ist über Amerika nach China nach Russland nach Schlesien nach Heidenau zurückgeflohen. Er ging zu Fuß nach Sibirien hinein und, um des lieben Friedens willen, wieder hinaus. Selbst Napoleon hat das nicht geschafft, obwohl er ein Pferd hatte.
Ach, die Welt ist kompliziert!

Erika Steinbach MdB, Mutter aller deutschen Flüchtlinge, soll – einer Sage zufolge, an der das Körnchen Wahrheit schon dran sein wird – mit eigenen Händen den Entwurf eines Mahnmals für die fünf Millionen deutschen Flüchtlinge geschaffen haben, die 1940 das letzte Schiff von Le Havre nach Amerika nicht erwischten, weil das Geld nicht reichte oder die Tochter nicht schön genug war. In einer historischen Kampfabstimmung unterlag ihr Entwurf gegen eine Holzschnitzerei des Abgeordneten Czaja: „Mein Teplice“. Die Traumatisierung soll sie nie verwunden haben.

Beleidigungen

Ob der Kolumnist ein echter Flüchtling oder bloß ein gefühlter Vertriebener ist, muss noch geklärt werden. Bei uns zu Hause jedenfalls, Freunde des Wilthener Goldbrands und der Erlanger Weißwurscht, war der Flüchtling allgegenwärtig schon deshalb, weil wir selbst es waren. So viel Bier kann man gar nicht trinken, dass man des Vertriebenen Weihnachtsfest im Jahre 1958 realitätsnah imaginieren könnte! Und auch sonst jeden Mittag ein Kloß aus der Heimat, sonntags Besuch aus Brüx. Draußen vor der Tür ein seltsam sprechendes Volk von Schützenfestbrüdern, die dem Flüchtlingskind gelegentlich Sand in den Kinderwagen streuten. Ich weiß also von Anfang an, wie Besorgnis sich anfühlt. In Heidenau musste man sich das erst mühsam erarbeiten.

Der Heidenauer seinerseits ist ein Armutsflüchtling der ersten Stunde. 40 Jahre lang schlürfte er die unergründliche Soljanka und träumte von der Flucht. Man muss ihn deshalb freilich nicht verachten: Jeder von uns hätte sich gefürchtet, über den Todesstreifen zu laufen, die Drahtverhaue zu übersteigen, durch die kalte dunkle Ostsee zu schwimmen. Deshalb war es ja kein Wunder, dass der Sachse seine angeborene Eleganz verlor, als er, mit nichts als der Jeansjacke am Leib, endlich auf der Südostroute den Zaun zum Sudetenland überklettern durfte.

Und als er da untätig im Garten der Botschaft lag und um ein paar Baguettes mit Roastbeef und Krabben bettelte, statt den Rasen zu mähen, tat sich oben am Himmel ein Fenster auf, und eine Stimme ertönte. Das war Hans-Gandalf Genscher, NSDAP-Mitglied der ganz späten Stunde. Er hob die Arme gen Himmel und sprach den mächtigen Zauber: „Dass heute Ihre Ausreise!“ Da entschlossen sich 17 Millionen Heidenauer spontan zur sofortigen Flucht.

Du schöne Seele

Die deutsche Seele ist also eigentlich die verwundete Seele eines Flüchtlings. Kannst Du das verstehen, junger deutscher Mensch am Mahaghoni-geschnitzten, Messing-glitzernden Steuerruder von Opel Kadett und Wartburg?

Fußnote: Wie oft haben Sie, Mecklenburger, 1989 das Begrüßungsgeld kassiert? Wie oft haben Sie die Spielgeld-Konten Ihrer Muttis und Omas geteilt, um den Umtauschkurs von eins zu eins zu kriegen? Es ist nicht so, dass ich es Ihnen neide. Das waren sowieso nur Almosen, die Euch auf eigene Kosten überwiesen wurden. Aber immerhin: Nach 25 Jahren könnte man zugeben, dass man ein Mensch war, wie der Sachse halt ist. Also hat der in sich selbst geflohene Salzhemmendorfer abgegriffen, was abzugreifen war: Bananen und Autobahnen, Begrüßungsgeld und eine halbe Billion Euro Anschub zum Blühen der Landschaft. Das sind Fünfhunderttausend Millionen. Seit die verbraucht sind, leidet man wieder sehr unter der sozialistischen Mangelwirtschaft.

Statt dass nun in Heidenau einmal ein Helmut Kohl daherkommt oder ein Egon Krenz, oder in Salzhemmendorf ein Graf von Cumberland, ist schon wieder der Flüchtling da. Nachts, wenn man durch die Unterführung der Reichsbahn in Heidenau geht, sind die gelben Lichter verloschen. Neger lauern dort im Dunkel, bereit, jede schlesische Rentnerin zu ergreifen, die wie üblich um halb drei ihren Weg sucht zu harter Arbeit oder frohem Tanz. Und sind es nicht Neger, so doch Kroaten. Seit 2008 ging in ihrem Land das Sozialprodukt um 13,5 Prozent zurück. Wäre das hierzulande so, gäbe es Bürgerkrieg. Kroatien ist ein Mitglied der Europäischen Union.

Im Grunde genommen hat der Heidenauer die Schnauze voll. Er würde sofort fliehen, wenn ihm die Unesco nur endlich die Mindestbedingungen menschenwürdigen Lebens garantiert würde. In einen Baumarkt zum Beispiel würde er nicht fliehen, und wenn man ihn köpfte. Gib uns, Angela Merkel, eine Dreiraumwohnung für jeden, ein voraussetzungsloses Mindesteinkommen von 2.000 Euro, ein Deputat an Braunkohle und eines an Radeberger, jeden Samstag einen Kessel Buntes, einen Dönerladen und eine Hochzeit in Weiß für Holger Apfel mit einem Kameraden seiner Wahl! Unter diesen Bedingungen ist der junge männliche Sachse bereit, nach Verden an der Aller oder Stackeln an der Kruke zu fliehen – notfalls sogar nach Erlangen, wo der fränkische Staatsminister des Inneren wohnt, ein Freund aller deutschen Vertriebenen.

Diese allerdings sollte man aber nicht mehr so nennen, wie der Präsident der Flüchtlinge, Bernd Fabritius, 1965 geborener Rumäne, uns kürzlichst erklärte. Er findet den Namen „Bund der Deutschen aus Mittel- und Südosteuropa“ besser. Das ist eine ziemlich innovative Idee! In einem ersten Schritt könnten eine Million eingebürgerte Türken eintreten. Die Ukrainer würden Zwangsmitglieder, Nordrhein-Westfalen, deren Familiennamen auf „-ki“ endet, Ehrenmitglieder. Sodann würde sich die Frage stellen, wo „Mitteleuropa“ anfängt und endet. Gehört Erlangen dazu? Warum nicht Deutsch-Südwest?

Ach, die Welt ist kompliziert! Am Ende sollten wir die Sache mit dem Bund der Vertriebenen vielleicht einfach ganz lassen. Die Mädels können ja weiterhin Ringelreih tanzen. Bevor die ganze Welt eintritt in den Bund der Fruchtbarkeitstänze und streng geflochtenen Jungfrauen, könnte man doch sagen: Wir wissen, was gemeint ist, daher wissen wir auch, wann es einmal gut sein muss. Mag der Deutsche auch ein Mensch sein, so ist doch der Mensch nur selten ein Deutscher. Auf dieser Basis, liebe Sachsen, könnte man sich auf eine neue Stufe der Zivilisation emporarbeiten. Sozusagen Weltniwöh!

Die Population deutscher Männer wankt

Du schwarzer Traum

Auch die Salzhemmendorfer erkennen den Flüchtling am eigenen Gang. 50 Prozent von ihnen stammen aus genetisch dubiosen Quellen im Osten und mussten 1945 zwangsintegriert werden. Sie haben an den fruchtbaren Hängen des Thüster Berges seither so manches Kind der Liebe gezeugt, das einen Erbschein Karls des Großen vorlegen kann.

Man muss differenzieren, sagt der besorgte Bürger. Der Aramäer zum Beispiel hält seine Kinder an, dreimal am Tag zu beten. Das ist dem Heidenauer fremd. Der Araber flieht auch unedler als der Deutsche. Frauen und Kinder zuerst, ist des deutschen Mannes oberstes Gebot. Der Landser rettete bis zum Schluss die Kinder und Frauen seiner italienischen Blutsbrüder, indem er sie in Dorfkirchen trieb und die Türen fest verschloss, auf dass nicht ein Partisan sie vergewaltige. Jahrzehnte später hörte er gerüchteweise, die Kirche sei in Brand geraten, kaum dass er abrückte.

Anders der Araber, der ewige Jude: Statt dass er eine Million seiner honigblonden junge Frauen auf die Reise in die Heidenauer Freiheit schickt, springen „arbeitsfähige junge Männer“ auf die Raumkreuzer. Die Population deutscher Männer wankt. Der Syrer als solcher ist bekanntlich in fast allem besser als der Heidenauer Restbestand. Auch der normal kriegserfahrene Iraker oder gar der wilde Afghane aus Afghanistan hauen den Heidenauer Hartzer schon vor dem ersten Radeberger aus den Sandalen.

Ganze Härte …

Ich verstehe es ja, Brandstifter, Verbrechensbefürworter, Kämpfer: Ihr steht echt unter Strom. Der Erzengel Sigmar Gabriel, ohne ein einziges gefärbtes Haar, zog ein Flammenschwert und sprach: „Keinen Millimeter deutschen Boden dem Pack!“ Der Kampfeswille der Göttinger Arbeiterklasse brach sich Bahn. Der Führer der Arbeiterbewegung saß noch vor zwei Monaten inmitten besorgter Pegidianer, legte die Stirn in Falten und hielt das durch, bis 250 Fotos gemacht waren.

Im Moment läuft es nicht gut für den besorgten Heidenauer, Limburger und Saarländer. Je mehr er anzündet, desto mehr Feuerwehr kommt. Und tragischerweise ist er da nun wieder Mitglied, mit silberner Ehrennadel womöglich! Ein zerfetzender Konflikt, mitten im 21. Jahrhundert, an der Grenze zwischen Traum und Wirklichkeit! Wir Strafrechtsexperten von Bild kennen sie ja: Den Krankenpfleger, der nachts mordend durch die Klinik schleicht, den Feuerwehrhauptmann, der immer einen Kanister Benzin dabei hat. Hannibal Lecter, im Beißkäfig der Sächsischen Schweiz, am Nasenring in Pamplona. Armer, armer kastrierter Stier!

„Die ganze Härte des Rechtsstaats“, so sagte es Heiko Maas, muss das Pack treffen. Wenn man so etwas einmal gesagt hat, wird es schwierig aus der Nummer wieder herauszukommen. Dann müssen Taten folgen. Das ist nun freilich nicht die Kernkompetenz der von Herrn Gabriel geführten Partei, andererseits aber der bisher einzige Lebensinhalt all derjenigen, die aus aller Welt nach Heidenau geflohen sind. Daher wartet der Kolumnist mit Hochspannung, was das wohl sein mag: „ganze Härte des Rechtsstaats“. Die ganze Härte sagt: Wir knallen Dich ab, wenn Du noch einmal das Maul aufmachst. Wir haben KSK, Navy-Seals und SEKs, Kampfschwimmer und Drohnen, schnelle Eingreiftruppen, Hochsicherheitsgefängnisse, Vernehmungs-Dependancen im befreundeten Ausland, unendliche Mittel. Stellen Dich aufrecht in eiskaltes Wasser, bis Du uns sagst, wer den Brandsatz in Salzhemmendorf gebastelt hat. Wir ertränken Dich 170 Mal, wenn Du uns nicht sagst, wo Deine Kumpels ihre Waffen versteckt haben. Wir kriegen Deine Kinder, wo immer sie sind. Wir sind die Guten, oder Dynamo Heidenau wird Sieger der Champions League.

Natürlich könnte man darüber streiten, ob das die ganze Härte des Rechts-Staats ist oder die Härte des Unrechts-Staats. Aber dies ist nicht die Stunde für Kathedergezänk, und der Generalbundesanwalt hat die Frage seit Langem geklärt: Die USA sind ein Rechtsstaat, so wahr Richard Cheney Innenminister von Sachsen ist.

…und sensibles Verständnis

Damit stellt sich, pragmatisch und rational, wie es die deutsche Art ist, die alte Frage: Was tun? Soll der Rechtsstaat das terroristische Pack umlegen? Wir meinen: Nein. Es sind ja doch Menschen! Schaut Sie an, Bürgerinnen und Bürger: Sie schwitzen, sie fürchten sich, sie sind impotent, sie haben seit Jahren keinen Urlaub auf den Malediven gemacht. Da muss man Mitleid haben, liebe Schwabinger, Rothenbaumer, Westendler! Der Heidenauer ist wie Ihr ein Flüchtling im eigenen Land.

Andererseits: Auch Sie, verehrte Rechtsfreunde aus Salzhemmendorf, haben es schwer. Sie haben letzte Woche schon wieder nicht im Lotto gewonnen. Ihr sogenannter Garten ist eine einzige Katastrophe. Ihre Ehe ist ein Thema für sich, der TÜV ist fällig, die Kinder sind weg und der Sprit ist teuer. Könnten Sie nicht trotzdem einmal Ihre Blödheit und Angst, für die Sie sich doch eigentlich schämen, probeweise beiseitelegen? Könnten Sie, Freunde des gepflegten sächsischen Fußballspiels, nicht einmal ein Spiel organisieren mit den Messi-Freunden von der anderen Seite des Zauns?

Fünfjahrespläne

Gefordert sind, so hören wir, unkonventionelle Vorschläge. Nichts leichter als das. Man könnte zum Beispiel alle Heidenauer und Salzhemmendorfer umsiedeln nach Schlesien, ins Sudetenland oder nach Syrien. Es ist warm dort, es gibt praktisch keine Ausländer, das Benzin ist billig und der Döner frisch. Ich glaube, die heimatlosen Bürger könnten dort etwas ganz Neues aufbauen. Wer dermaßen enttäuscht ist von seiner Heimat, dem sollte jeder Fluchtweg eröffnet werden.

Oder man könnte den arbeitsunfähigen Teil der Heidenauer Bevölkerung austauschen gegen junge, arbeitsfähige und motivierte junge Männer aus Nigeria und dem Irak. Das Blut wäre, glaube ich, kein ernstliches Problem: Der Nigerianer hat genug davon und kann unmöglich noch mehr Dauerwelle mitbringen, als das sächsische Friseurhandwerk in Mutti schon hineingemendelt hat.

Daher könnte selbst der unproduktive Heidenauer Nazi in Nigeria noch zu etwas nütze sein und dem Nigerianer zeigen, wie es an der Elbe geht: Das Niger-Delta aufräumen, den Lachs wieder heimisch machen, eine ordentliche Taxizentrale aufbauen, einen Getränkemarkt putzen. Ich bin sicher: Ein Sachse könnte es dort noch einmal ganz nach oben schaffen. Der aus dem Saarland geflohene Erste Sekretär und Staatsratsvorsitzende pflegte zu sagen: „Ein jeder schaffe froh, dann wird es so und so!“ Denken Sie darüber nach, Heidenauer!

Errichtung eines Flüchtlingslagers auf dem Gelände des Bundesgerichtshofs

Oder könnte man nicht einen Beitritt Syriens als 17. Bundesland zur Bundesrepublik erörtern? So könnte sich unser schönes Land eine Spur kreativer Intelligenz erhalten und nicht in einem Chaos von Demenz dahinschmelzen. Wolfgang Schäuble und Gregor Gysi könnten den Beitrittsvertrag aushandeln.

An gutwilligen kreativen Ideen besteht also kein Mangel. Die Politik muss nur einmal auf den Bürger hören.

Sofort-Programm

Wer aber nicht hören will, muss fühlen! Das ist des Deutschen Segensspruch. Zweimal höflich gemahnt: Dann gibt’s ein Gummigeschoss zwischen die Augen. Die sächsische Polizei ist weltweit gefürchtet für ihr rigoroses Vorgehen gegen rechtsradikale Gewalt.

Strafrechtlich gibt es nur einen Weg: Man muss den Verbrecher bekämpfen, wie er ist und wo er sich zeigt: Jeder Spaziergänger, der einen Brandsatz oder einen Stein auf einen verängstigten Menschen wirft oder dies zu fördern unternimmt, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis lebenslänglich zu bestrafen. Wer derartige Taten gutheißt, lobt, empfiehlt, befürwortet, rechtfertigt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu ahnden, ebenso jeder, der den „Hitlergruß“ zeigt: Freiheitsstrafe bis drei Jahre, für jedes einzelne Mal. Das schafft die Heidenauer Polizei mit rechts: Sie hat Erfahrung; sie weiß, wie und wann man Razzien macht und für ein bisschen Angst beim örtlichen Abschaum sorgt. Ich habe da keine Sorge.

Denn Strafrecht richtet bekanntlich viel aus! Wann immer es in Deutschland gegolten hat, linken „Mob“ und linke Gewalt mit der „ganzen Härte“ zu konfrontieren, ist das geschehen, meist mit durchschlagendem Erfolg. Nun sind wir gespannt, wie die Mittäterschaftslehre und die Lehre von der psychischen Teilnahme konfiguriert werden, wenn die ganze Härte des Rechtsstaats in Sachsen zuschlägt.

Zum Schluss noch ein kühner Vorschlag aus den Tiefen der Sozialpsychologie: Man könnte erwägen, ein Gesetz zu verabschieden, das der historischen Dimension des Ereignisses, einer von niemandem außer uns selbst ausgelösten Völkerwanderung, halbwegs gerecht würde. Ein „Gesetz zur Zwangsintegration von Migration“. Schon das Wort „Zwang“ im Gesetzestitel könnte in Teilen Heidenaus jene erotische Vibration auslösen, die zur widerspruchlosen Befolgung führt. Was der rechtsradikale Volksfreund am sehnlichsten erträumt, wenn er morgens erwacht, sind ein Feind und ein Befehl und ein grausamer Herr, der beides definiert.

Also bitte: Ein Sieben-Punkte-Schnellprogramm zur Rückführung der Sächsischen Schweiz in die Zivilisation:

1) Kein Hartz IV mehr ohne Sozialarbeit im Flüchtlingsheim!

2) Keine Fahrerlaubnis ohne Hofkehren beim Ausländeramt!

3) Wohngeldstreichung bei Weigerung, einmal pro Woche einen Armutsflüchtling zum Essen einzuladen!

4) Jedes deutsche Mädel ab 12 Jahre muss ein Flüchtlingskind als Patin bis zum Hauptschulabschluss betreuen! Wer nicht mittut, darf nicht Friseurin, Arzthelferin oder Bäckereifachverkäuferin werden;

5) 10 Prozent der Studienplätze in Zahnmedizin bloß bei Nachweis arabischer Sprachkenntnisse!

6) Jeder Mieter einer öffentlich geförderten 4-Zimmer-Wohnung muss ein Zimmer für Flüchtlinge zur Verfügung stellen, jeder Bewohner einer Wohneinheit mit mehr als 200 Quadratmetern Fläche den darüberliegenden Teil. Eine Abgeltung mit 8,50 Euro pro Quadratmeter und Monat ist zulässig.

7) Jeder Haushalt hat ein Zehntel seiner Einkommensteuerlast 2014 in einen „Begrüßungsfonds“ abzuführen. Befreit sind Menschen, die anerkannte Asylbewerber sind oder nachweisen, dass sie mindestens 300 Stunden ehrenamtliche Arbeit bei der Betreuung von Flüchtlingen geleistet haben.

Aber auch der Südwestdeutsche könnte mithelfen! Ich schlage vor:

Errichtung eines Flüchtlingslagers auf dem Gelände des Bundesgerichtshofs. Es gibt da eine wirklich schöne Fläche zwischen Palais und Bibliothek. Die bestehenden sanitären Anlagen würden für 300 Menschen reichen. Am frühen Abend, wenn die Akten gelesen sind, könnte der Verein der Bundesrichter und Bundesrichterinnen, Bundesanwälte und Bundesanwältinnen Unterricht in Rechtskunde und gutem Benehmen erteilen.

Weitere Camps könnten errichtet werden auf der schönen Wiese vor dem Reichstag und auf dem Gendarmenmarkt, vielleicht bevorzugt für armutsflüchtende analphabetische Roma-Weiber aus Nirgendwo, die gern ein Wasserklosett in der Nähe hätten, oder für irakische Ingenieure oder für kleine Mädchen aus tausendundeinen Nächten und für hunderttausend Tage der Sehnsucht und ohne Angst.

Das ist doch nicht so schwer! Da fällt einem fränkischen Integrationsminister doch noch mehr ein! Ein bisschen mehr Spritzigkeit bitte!

Übergang

Überlegt es Euch also, Heidenauer Fußballfreunde! Noch kann es gut für Euch ausgehen. Die kleinen braunen Kerle sind wahrscheinlich besser als Ihr; jedenfalls als Stürmer. Seht zu, dass Ihr rechtzeitig die besten als Freunde kriegt.

Ein letztes Gedankenspiel: Stellt Euch vor, Heidenauer Männer, in einer hellen Mondnacht, wenn fahle Wolken über die Sächsische Schweiz jagen und die Wölfe heulen und Mutti beim Stammtisch sitzt, bläht sich über Eurem Bettchen der Vorhang, und Grace Jones tritt ein, gefolgt von Naomi Campbell. Sie rollen mit den Augen und pressen ihre Körper an Eure weißen Bäuche in der Dunkelheit und flüstern: Flieh mit mir, wohin Du willst. Auf immer will ich Dein sein! – Lasst es Euch durch den Kopf gehen! Und macht Euch mit der Antwort bitte nicht lächerlich.