KG Berlin, Beschluss vom 05. Oktober 2015 – (5) 161 Ss 190/15 (40/15) –, juris

Leitsatz

1. Die für die richterliche Überzeugung erforderlichen objektiven Grundlagen müssen aus rationalen Gründen den Schluss erlauben, dass das festgestellte Geschehen mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der Wirklichkeit übereinstimmt.
2. Fehlen Beweismittel, mit denen der Verdacht auf ein manipuliertes Unfallgeschehen im Zusammenhang mit einem Betrugsvorwurf nachgewiesen werden könnte, bedarf es einer Häufung von Beweisanzeichen, die für einen fingierten Unfall typisch sind.

Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 11. Juni 2015 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an eine andere Strafkammer des Landgerichts Berlin zurückverwiesen.

Gründe

I.
1
Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin hat den Angeklagten und den inzwischen gesondert Verfolgten M. wegen Betruges gemäß §§ 263, 25 StGB jeweils zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je Euro 15,00 verurteilt. Hiergegen haben beide Berufung eingelegt. Nach Abtrennung des Verfahrens gegen den seitdem gesondert Verfolgten M. hat das Landgericht die Berufung des Angeklagten mit der Maßgabe verworfen, dass dieser zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je Euro 15,00 unter Bewilligung einer Ratenzahlung verurteilt wird. Hiergegen hat der Angeklagte Revision eingelegt. Er rügt die Verletzung sachlichen Rechts mit dem Ziel, freigesprochen zu werden.
II.
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Die Revision hat – vorläufigen – Erfolg.
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Das Urteil des Landgerichts ist aufzuheben und die Sache nach § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere kleine Strafkammer zurückzuverweisen. Das Berufungsurteil kann keinen Bestand haben, weil die Beweiswürdigung rechtsfehlerhaft ist.
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1) Nach den Feststellungen des Landgerichts verabredeten der Angeklagte und der gesondert Verfolgte M. zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt, einen gestellten Verkehrsunfall durchzuführen, um anschließend unberechtigte Ansprüche gegenüber der Versicherung geltend zu machen. Am 24. Februar 2010 befuhr der gesondert Verfolgte M. absprachegemäß mit seinem PKW Mercedes Benz die X-Straße in Y-Stadt. In Höhe der Hausnummer 40 lenkte er sein Fahrzeug bewusst ungebremst nach rechts, wo der Pkw des Angeklagten der Marke BMW am rechten Fahrbahnrand abgestellt war. Er streifte den BMW und rief anschließend die Polizei zum Unfallort. Er gab wahrheitswidrig an, im Zuge eines Ausweichmanövers versehentlich gegen das Fahrzeug des Angeklagten gekommen zu sein und es dabei beschädigt zu haben. Das später durch den Angeklagten in Auftrag gegebene Gutachten ergab Reparaturkosten in Höhe von Euro 5.561,10. Über Rechtsanwalt B. forderte der Angeklagte am 2. März 2010 bei der A. Versicherung die Regulierung des Unfallschadens in Höhe von insgesamt Euro 5.979,23, auf die er, wie er wusste, keinen Anspruch hatte. Die Versicherung regulierte den Schaden, indem sie am 30. März 2010 einen Vorschuss in Höhe von Euro 2.500,00, am 29. April 2010 einen Betrag von Euro 1.417,20 und am 17. August 2010 einen Betrag von Euro 1.022,63 an den Angeklagten überwies. Die letzte Rate überwies die A. Versicherung erst, nachdem der Angeklagte mit Schreiben seines Rechtsanwalts B. vom 2. Juli 2010 unter Vorlage des BMW-Serviceheftes und unter Berufung auf das sogenannte VW-Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20. Oktober 2009 die Erstattung der Kosten auf Grundlage der Kalkulation nach Löhnen der Firma BMW verlangt hatte. Der zuständige Mitarbeiter der A. Versicherung ging dabei – wie vom Angeklagten beabsichtigt – irrtümlich davon aus, dass der BMW bisher stets bei der Firma BMW gewartet und repariert worden war. Tatsächlich hatte der Angeklagte frühere Schäden an dem BMW nicht durch die Firma BMW reparieren lassen. Der gesonderte Verfolgte M. zeigte den Schaden an seinem Fahrzeug in Höhe von insgesamt Euro 1.970,42 bei seiner Kaskoversicherung an, die er ebenfalls bei der A. Versicherung abgeschlossen hatte.
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2) Das Landgericht hat seinen Feststellungen die Angaben des Angeklagten, soweit es ihnen gefolgt ist, und die Ausführungen des Sachverständigen für Unfallrekonstruktion Dipl-Ing. P. zugrunde gelegt.
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Der Angeklagte hat angegeben, dass er am Abend des 24. Februar 2010 mit Freunden in einer Schischa-Bar gewesen sei. Als er zu seinem ordnungsgemäß abgestellten BMW gegangen sei, den er in der Vergangenheit für ca. Euro 28.000,00 gebraucht, aber Scheckheft gewartet erworben habe, habe er feststellen müssen, dass das Fahrzeug beschädigt gewesen sei. Er habe von der Polizei erfahren, dass der gesondert Verfolgte M., den er zuvor nicht gekannt habe, im Zuge eines Ausweichmanövers versehentlich gegen den BMW gefahren sei. Auch am 18. Februar 2009, 19. Oktober 2009, 18. Januar 2010 und 21. August 2010 seien verschiedene Fahrzeuge in die Seite seines jeweils ordnungsgemäß geparkten BMW gefahren. Er habe da wirklich Pech gehabt. Er habe wegen des am 24. Februar 2010 erlittenen Schadens ein Gutachten in Auftrag gegeben und von der A. Versicherung die Begleichung des Schadens verlangt. Das Gutachten sei bei der Kalkulierung der Kosten von dem Stundenlohn eines Mitarbeiters der Firma BMW ausgegangen. Die A. Versicherung habe zunächst nur eine Schadenssumme auf der Grundlage der Lohnkosten einer Fachwerkstatt anerkannt. Er habe jedoch über seinen Anwalt ausdrücklich unter Hinweis auf das „VW-Urteil“ des Bundesgerichtshofs vom 20. Oktober 2009 und unter Vorlage des Scheckheftes auf eine Regulierung auf der Grundlage der Lohnkosten der Firma BMW bestanden. Daraufhin sei ihm der letzte Teilbetrag ausbezahlt worden. Den Schaden am BMW habe er, wie alle Schäden, die ihm durch die insgesamt fünf Unfälle entstanden seien, selbst reparieren lassen. Wo er die Reparaturen habe vornehmen lassen, wisse er nicht mehr. Hätte die A. Versicherung die Rechnungen haben wollen, hätte er diese vorgelegt. Mittlerweile habe er die Rechnungen nicht mehr. Wie viel er für die Reparaturen habe bezahlen müssen, wisse er auch nicht mehr.
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Das Landgericht hat die Einlassung des Angeklagten dahin gewürdigt, dass es seinen Angaben keinen Glauben schenke, soweit er in Abrede gestellt habe, dass die Beschädigung des BMW am 24. Februar 2010 auf einer entweder direkten oder über Mittelsmänner zustande gekommenen Absprache beruht habe. Abgesehen davon liege selbst nach seiner Einlassung ein Betrug zum Nachteil der A. Versicherung hinsichtlich des zuletzt ausgezahlten Teilbetrages von Euro 1.022,63 vor, weil an dem BMW bereits am 18. Februar 2009, 19. Oktober 2009 und 18. Januar 2010 Schäden entstanden seien, die jedenfalls unstreitig nicht durch eine BMW-Werkstatt repariert worden seien. Damit sei jedoch ein Anspruch auf Erstattung der Reparaturkosten auf der Grundlage der Lohnkosten der Firma BMW entfallen. Indem der Angeklagte über seinen Anwalt unter Vorlage des Scheckheftes und des sogenannten „VW-Urteils“ des Bundesgerichtshofs die Abrechnung nach Lohnkosten der Firma BMW gefordert habe, habe er die A. Versicherung getäuscht, weil er den Eindruck erweckt habe, das Fahrzeug sei bisher stets bei der Firma BMW gewartet und repariert worden.
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Der Sachverständige hat ausgeführt, dass in Bezug auf den Unfall vom 24. Februar 2010 keine Zweifel an der Schadenskompatibilität bestünden. Weiterhin habe er bei dem BMW, Baujahr 2005, Laufleistung 85.000,00 Kilometer, keine Hinweise auf Altschäden feststellen können. Der Schaden aus dem vorangegangenen Unfall vom 18. Januar 2010 sei somit repariert worden. In Bezug auf den Unfallhergang hat der Sachverständige erklärt, dass die Schäden an den Unfallfahrzeugen belegten, dass der schädigende Wagen bewusst nach rechts gelenkt worden sei, wobei die Lenkung mit starkem Kraftaufwand festgehalten worden sei. Nach der Kollision sei der Wagen weggelenkt worden. Während des gesamten Vorganges sei keine Gefahrenbremsung erfolgt. Dies lasse aus seiner Sicht nur den Schluss zu, dass der Schaden absichtlich verursacht worden sei. Es sei durchaus lukrativ, die Reparaturkosten auf Gutachtenbasis unter Zugrundelegung der Löhne der Firma BMW abzurechnen, das Fahrzeug jedoch anderweitig reparieren zu lassen. Das Schadensbild sei insofern „dankbar“, weil ein Auswechseln der Fahrzeugteile nicht nötig gewesen sei. Eine Reparatur für ca. Euro 1.500,00 wäre problemlos möglich gewesen. Der BMW müsse zwischen dem 24. Februar 2010 und dem nächsten Schadensfall am 21. August 2010 repariert worden sein, wobei er nicht beurteilen könne, ob die Fahrzeugteile ausgewechselt oder nur ausgespachtelt worden seien, nachdem der Wagen durch den letzten Unfall einen Totalschaden erlitten habe.
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Das Landgericht hat sich den Ausführungen des Sachverständigen nach Überprüfung angeschlossen.
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In einer Gesamtbetrachtung ist das Landgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass der Angeklagte und der gesondert Verfolgte M. sich abgesprochen hätten. Wenn nur der gesondert Verfolgte M. seine Vollkaskoversicherung hätte betrügen wollen, hätte er den Mercedes nicht gegen ein anderes Auto fahren müssen, was zwangsläufig zur Verursachung von Haftpflichtschäden und einer entsprechenden Heraufstufung der Haftpflichtversicherungskosten führe. Der gesondert Verfolgte M. hätte mit seinem Mercedes stattdessen an einer Wand entlangschrammen können. Es komme hinzu, dass der Schaden am Mercedes erheblich geringer ausgefallen sei als der Schaden am BMW, so dass der Angeklagte aus der Tat einen deutlich höheren Gewinn erzielt habe.
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3) Die Beweiswürdigung des Landgerichts hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Zwar ist die Würdigung der erhobenen Beweise grundsätzlich Sache des Tatrichters (§ 261 StPO). Jedoch setzt die zur richterlichen Überzeugung erforderliche persönliche Gewissheit des Richters objektive Grundlagen voraus. Diese müssen aus rationalen Gründen den Schluss erlauben, dass das festgestellte Geschehen mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Hierfür müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, dass die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen, verstandesmäßig einsehbaren Tatsachengrundlage beruht und die vom Gericht gezogenen Schlussfolgerungen nicht etwa nur eine Annahme sind oder sich als bloße Vermutungen erweisen, die letztlich nicht mehr als einen Verdacht zu begründen vermögen (vgl. zum Vorstehenden BGH, Beschlüsse vom 16. April 2015 – 2 StR 518/14 – juris Rz. 12; vom 24. März 2000 – 3 StR 585/99 – juris Rz. 9). Der Tatrichter muss sich vom Vorliegen der objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale auf der Grundlage einer Gesamtschau aller Tatumstände überzeugen. Dabei hat er in seine Erwägungen auch diejenigen Umstände einzubeziehen, die seine Überzeugung vom Vorliegen eines Tatbestandsmerkmals in Frage stellen können (vgl. zum Vorstehenden BGH, Urteil vom 9. April 2015 – 4 StR 401/14 – juris Rz. 8). Zwar muss der Tatrichter nicht für alle Feststellungen einen Beleg erbringen. Er ist im Falle einer Verurteilung aber grundsätzlich verpflichtet, die für den Schuldspruch wesentlichen Beweismittel im Rahmen seiner Beweiswürdigung heranzuziehen und einer erschöpfenden Würdigung zu unterziehen (vgl. zum Vorstehenden BGH, Beschluss vom 25. Februar 2015 – 4 StR 39/15 – juris Rz. 3). Die Beweiswürdigung des Landgerichts trägt die Feststellungen nicht, weil sie zum Kerngeschehen erhebliche Lücken aufweist.
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a) Die Schlussfolgerung des Landgerichts, der Angeklagte und der gesondert Verfolgte M. hätten sich verabredet, einen gestellten Verkehrsunfall durchzuführen, um unberechtigte Ansprüche gegenüber der Versicherung durchzusetzen, beruht auf keiner tragfähigen Grundlage. Fehlen Beweismittel, mit denen der Verdacht auf ein manipuliertes Unfallgeschehen nachgewiesen werden könnte, bedarf es einer Häufung von Beweisanzeichen, die für einen fingierten Unfall typisch sind (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 1977 – VI ZR 206/75 – juris Rz. 28; BayObLG, Urteil vom 3. Juli 1997 – 5 St RR 36/97 – juris Rz. 51). Solche typischen Indizien für einen manipulierten Unfall sind unter anderem, dass der Geschädigte auf Reparaturkostenbasis abrechnet, der Schädiger aufgrund der Unfallsituation voll haften muss, das geschädigte Fahrzeug hochwertig ist, während das schädigende Fahrzeug wertlos ist, der Unfall ohne nennenswerte Verletzungsrisiken war, er im Dunkeln geschah, neutrale Zeugen nicht anwesend waren und sich die Unfallbeteiligten zur Tatzeit in finanziellen schlechten Verhältnissen befanden (vgl. OLG Köln, Urteil vom 12. April 2013 – 19 U 96/12 – juris Rz. 32 ff. und Rz. 49; KG, Beschlüsse vom 7. September 2010 – 12 U 210/09 – juris Rz. 20 ff; vom 1. Oktober 2007 – 12 U 72/06 – juris Rz. 6; OLG Frankfurt, Urteil vom 21. September 2006 – 16 U 75/06 – juris Rz. 27 f.). Eine ungewöhnliche Häufung derartiger Umstände, welche die Überzeugung zulässt, dass es sich um eine verabredete Schadenszufügung gehandelt haben muss, ist dem Urteil des Landgerichts nicht zu entnehmen. Die mitgeteilten Indizien lassen bloß die Möglichkeit einer Beteiligung des Angeklagten zu.
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Der Umstand, dass der Angeklagte fiktive Reparaturkosten geltend machte, ist für sich betrachtet unverdächtig. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat ein Verkehrsunfallgeschädigter im Hinblick auf § 249 Abs. 2 S. 1 BGB in der Regel einen Anspruch auf Ersatz der in einer markengebundenen Vertragswerkstatt anfallenden Reparaturkosten unabhängig davon, ob er den Wagen tatsächlich voll, minderwertig oder überhaupt nicht reparieren lässt (vgl. BGH, Urteil vom 28. April 2015 – VI ZR 267/14 – juris Rz. 10). Nichts anderes gilt in Bezug auf die Tatsache, dass der gesondert Verfolgte M. gemäß §§ 7 Abs. 1, 17 StVG alleine für die Schäden verantwortlich ist, und der Wagen des Angeklagten zum Zeitpunkt des Unfalles erst fünf Jahre alt und hochwertig war. Diese Umstände sind nur in Verbindung mit einer Vielzahl weiterer Beweisanzeichen geeignet, den Vorwurf eines manipulierten Unfalles zu bestätigen.
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Soweit sich auf die Angaben des Sachverständigen gründen lässt, dass der gesondert Verfolgte M. seinen Wagen bewusst auf das parkende Auto des Angeklagten lenkte, ist dies in erster Linie ein gewichtiges Beweisanzeichen dafür, dass der gesondert Verfolgte M. gegen Normen des Strafgesetzbuches verstoßen haben könnte. Dem Umstand kommt aber nicht das gleiche Gewicht zu für die Frage, ob der Unfall mit dem Angeklagten verabredet war. Denn neben einer Verabredung kommt gleichermaßen in Betracht, dass sich der gesondert Verfolgte M. – z.B. durch den Genuss von Alkohol oder Betäubungsmitteln – in einem Ausnahmezustand befand, er aus sonstigen Gründen Vandalismus betrieb oder er allein die A. Versicherung betrügen wollte. Welchen körperlichen und geistigen Zustand der gesondert Verfolgte M. kurz nach dem Unfall aufwies, hat das Landgericht nicht festgestellt. Soweit es ein nur auf den gesondert Verfolgten M. beschränktes Tatgeschehen mit dem Argument verneint hat, dass sich bei Schädigung anderer Kraftfahrzeuge, wie hier, die Haftpflichtversicherungskosten wegen einer entsprechenden Heraufstufung erhöhten, hat es nicht bedacht, dass dieser – im Übrigen dem Grunde und der Höhe nach nicht näher aufgeklärte – Umstand sogar gegen die für einen Betrug notwendige Absicht des gesondert Verfolgten M. streiten könnte, sich im Zusammenhang mit dem Unfall einen Vermögensvorteil zu verschaffen, weil sich eine Erhöhung der Versicherungsbeiträge infolge der Anzeige des Unfalles gegenüber der Versicherung wirtschaftlich nachteilig auswirkt. Hingegen drängt sich nicht auf, dass dieser Gesichtspunkt gerade auf eine Verabredung mit dem Angeklagten hindeuten könnte.
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Zwar könnte im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung ein – starkes – Indiz für ein manipuliertes Unfallgeschehen sein, dass der BMW innerhalb von nur rund eineinhalb Jahren in insgesamt fünf gleichartige Verkehrsunfälle verwickelt war (vgl. hierzu OLG Düsseldorf, Urteil vom 19. März 2013 – 1 U 99/12 – juris Rz. 40 f). Jedoch hat das Landgericht dieses Indiz in die Beweiswürdigung nicht ausdrücklich einbezogen, so dass nicht auszuschließen ist, dass es dem Angeklagten geglaubt hat, er habe bei den vier weiteren Unfällen „Pech gehabt.“ Zudem sind zu den anderen Unfällen keine Einzelheiten bekannt, insbesondere fehlen Angaben zu der jeweiligen Schadenshöhe und der Frage, ob der Angeklagte die anderen Schäden auf Gutachtenbasis mit dem Ansatz von Kosten einer BMW-Werkstatt abrechnete, obwohl er den Wagen nicht oder jedenfalls nicht in einer BMW-Werkstatt reparieren ließ.
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Andere typische Beweisanzeichen für eine Manipulation hat das Landgericht innerhalb seiner Beweiswürdigung nicht aufgezeigt.
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b) Soweit das Landgericht einen Betrug in Höhe eines Teilschadens von Euro 1.022,63 (auch) damit begründen will, der Angeklagte habe die Mitarbeiter der A. Versicherung dadurch getäuscht, dass er über seinen Anwalt das Scheckheft unter Hinweis auf das sogenannte „VW-Urteil“ des Bundesgerichtshofs vorgelegt habe, weil er damit wahrheitswidrig den Eindruck erweckt habe, dass der BMW bis dahin stets in einer BMW-Werkstatt gewartet und repariert worden sei, leidet die Beweiswürdigung ebenfalls unter Rechtsfehlern. Zum einen bleibt offen, warum das Landgericht annimmt, dass der BMW vor dem Unfall vom 24. Februar 2010 nicht in einer BMW-Werkstatt repariert worden sei, nachdem es die Einlassung des Angeklagten dahin wiedergibt, dieser wisse nicht mehr, wo er den BMW habe reparieren lassen. Zum anderen kann nicht nachvollzogen werden, warum durch die Vorlage des Scheckheftes bei den Mitarbeitern der Allianz Versicherung der Eindruck erweckt worden sein könnte, der BMW sei bisher immer in einer BMW-Werkstatt repariert worden. Welche Daten das Scheckheft – über regelmäßige Wartungsleistungen hinaus – in Bezug auf Reparaturmaßnahmen enthält oder welche Rückschlüsse es insoweit erlaubt, hat das Landgericht nicht dargestellt. Außerdem fehlt eine Auseinandersetzung damit, welche Rolle der Anwalt eingenommen hat, der den Angeklagten gegenüber der A. Versicherung vertrat. Sollte dieser den Angeklagten dahin beraten haben, dass die Vorlage des Scheckheftes und der Verweis auf das genannte Urteil des Bundesgerichtshofs ausreichen, um die fiktiven Reparaturkosten einer BMW-Werkstatt beanspruchen zu können, mangelte es an dem subjektiven Tatbestandsmerkmal, sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil verschaffen zu wollen.