Der 1. Strafsenat hatte sich nach der Grundsatzentscheidung vom 23. Mai 2002 (1 StR 372/01) erneut mit der Strafbarkeit der Annahme von Zuwendungen seitens der medizintechnischen Industrie an den Chefarzt einer Universitätsklinik zu befassen und hat seine Rechtsprechung fortgeführt. Damals hatte der Senat entschieden, daß im Falle der sogenannten Drittmitteleinwerbung eine Vorteilsannahme dann nicht vorliege, wenn die einschlägigen Vorschriften des Drittmittelrechts beachtet werden und dadurch die gebotene Transparenz von damit in Zusammenhang stehenden Beschaffungsentscheidungen gewahrt ist.
Diese Voraussetzungen waren hier nicht erfüllt. Im vorliegenden Fall hatte der Leiter der Abteilung Herzchirurgie der Universität Ulm ohne Einhaltung der Vorschriften des Drittmittelrechts von Firmen, die seine Abteilung mit medizintechnischen Produkten belieferten, Zuschüsse für die Durchführung von Weihnachtsfeiern seiner Abteilung und für die Teilnahme an medizinischen Kongressen erhalten. Außerdem war ihm in einem weiteren Fall als Zugabe ein Gerät zur Verfügung gestellt worden, das er für die von ihm angestrebte Durchführung von Herztransplantationen benötigte, welches anzuschaffen jedoch die Universität nicht bereit war.
Das Landgericht Ulm sah in allen Fällen den Tatbestand der Bestechlichkeit gemäß § 332 StGB a.F. als erfüllt an und verurteilte ihn deswegen zu einer Gesamtgeldstrafe von 250 Tagessätzen zu je DM 330,–.
Die Revision des Angeklagten nahm der Senat zum Anlaß, die Vorschriften des § 331 StGB (Vorteilsannahme) und § 332 StGB (Bestechlichkeit) näher gegeneinander abzugrenzen. Gemäß § 332 Abs.3 Nr. 2 StGB a.F. liegt Bestechlichkeit bereits dann vor, wenn der Täter, soweit die Diensthandlung in seinem Ermessen steht, „sich dem anderen gegenüber bereit gezeigt hat“, sich bei Ausübung dieses Ermessens durch den Vorteil beeinflussen zu lassen. Nach den vom Senat im heutigen Urteil aufgestellten Grundsätzen müssen für eine Verurteilung wegen Bestechlichkeit im Sinne des § 332 Abs.3 Nr. 2 a.F. StGB, wie sie durch das Landgericht erfolgt war, über die bloße Annahme von Vorteilen hinausgehend konkrete äußere Umstände hinzutreten, aus denen der Vorteilsgewährende zu schließen vermag, daß der Annehmende seine Ermessensentscheidung an dem Vorteil ausrichten werde. Nur dann habe sich der Annehmende im Sinne der Tatbestandsalternative „bereit gezeigt“, sich bei der Ausübung seines Ermessens durch den Vorteil beeinflussen zu lassen.
Solche Umstände waren vom Landgericht im Zusammenhang mit dem „Sponsoring“ der Weihnachtsfeiern und Kongreßreisen nicht festgestellt, weshalb der Senat insoweit lediglich den Tatbestand der Vorteilsannahme als erfüllt angesehen und den Schuldspruch entsprechend abgeändert hat, da auch im Falle einer Zurückverweisung weitere Feststellungen nicht zu erwarten waren.
Im Fall der Annahme des medizinischen Gerätes durch den Angeklagten für seine Abteilung hat der Senat die Verurteilung wegen Bestechlichkeit bestätigt. Da die Beschaffungsentscheidung über medizintechnische Produkte an die Überlassung des Gerätes gekoppelt gewesen sei und der Angeklagte bei der Beschaffungsentscheidung diesen Umstand erkennbar mit in die Waagschale geworfen habe, handelte er pflichtwidrig.
Das heutige Urteil des Senats hat zur Folge, daß der Angeklagte nunmehr rechtskräftig der Vorteilsannahme in 10 Fällen und der Bestechlichkeit in einem Falle schuldig ist. Das Landgericht Ulm, an das die Sache zurückverwiesen wurde, muß sich allerdings nochmals mit der Höhe der Strafe befassen, da der Unrechtsgehalt der Vorteilsannahme geringer einzustufen ist als derjenige der Bestechlichkeit, und wird im übrigen den Unrechtsgehalt nach den vom Senat in der Entscheidung vom 23. Mai 2002 (1 StR 372/01) aufgestellten Grundsätzen zur Drittmitteleinwerbung insgesamt neu zu bewerten haben.
Insofern hat der Angeklagte mit seiner Revision einen Teilerfolg erzielt.
Urteil vom 23. Oktober 2002 – 1 StR 541/01
Karlsruhe, den 23. Oktober 2002
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