BGH, Pressemitteilung vom 23.06.2017

Die Staatsanwaltschaft hat den beiden Angeklagten vorgeworfen, im Tatzeitraum zwischen 2004 und 2007 betrügerisch Abrechnungen von laborärztlichen Leistungen gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung vorgenommen und diese dadurch um rund 79 Millionen Euro geschädigt zu haben. Nach dem Anklagevorwurf waren die Angeklagten vertretungsberechtigte Geschäftsführer eines Dienstleistungsunternehmens. Das Unternehmen bot u.a. die interdisziplinäre Beratung auf dem Gebiet der Laborrationalisierung, die Bereitstellung von medizinischen Laboreinrichtungen einschließlich Fach- und Wartungspersonal sowie die Systementwicklung im Laborbereich an. Es schloss mit mehreren, an verschiedenen Standorten angesiedelten Laborärzten Dienstleistungsverträge. Gegenüber den jeweils regional zuständigen Kassenärztlichen Vereinigungen traten die Betreiber der laborärztlichen Praxen als selbständige, niedergelassene Laborärzte auf und erklärten in ihren Abrechnungen gegenüber den Kassenärztlichen Vereinigungen entweder ausdrücklich oder konkludent, die abgerechneten Leistungen – im sozialversicherungsrechtlichen Sinn – „in freier Praxis“ (vgl. § 98 Abs. 2 Nr. 13 SGB V, § 32 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV) erbracht zu haben. Die Anklage geht jedoch davon aus, dass die Laborärzte tatsächlich aufgrund der Verträge mit dem von den Angeklagten geführten Unternehmen und der tatsächlichen Handhabung dieser vertraglichen Beziehungen in einem Abhängigkeitsverhältnis standen, mithin Arbeitnehmer des Dienstleistungsunternehmens waren. Dann aber durften die tatsächlich ausgeführten ärztlichen Leistungen nicht als „in freier Praxis“ erbracht abgerechnet werden.

Das Landgericht Augsburg hat die Angeklagten aus tatsächlichen Gründen von diesen Vorwürfen freigesprochen. Die Strafkammer hat sich aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme die Überzeugung gebildet, dass die jeweils betroffenen Laborärzte in einem ausreichenden Maße „frei“ im Sinne des Sozialversicherungsrechts waren. Da sie deshalb laborärztliche Leistungen gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung abrechnen durften, fehlte es nach der Überzeugung des Landgerichts bereits an für die Verwirklichung des Betrugstatbestands (§ 263 StGB) erforderlichen Täuschungshandlungen.

Gegen das landgerichtliche Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft mit der Rüge der Verletzung sachlichen Rechts. Sie beanstandet insbesondere die Beweiswürdigung des Landgerichts.

Vorinstanz:

LG Augsburg – Urteil vom 13. Januar 2016 – 9 KLs 501 Js 113815/08

 

Karlsruhe, 23. Juni 2017

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