Nachfolgend ein Beitrag vom 25.11.2015 von Heiner Röttger, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, veröffentlicht in
Endgültig entschieden ist die Sache jedoch nicht. Doch es kann sich lohnen, bei einer Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung Beratungskosten als Werbungskosten zu deklarieren.© Isabell Klett
Eine Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung kann teuer werden. Sind zumindest die Beratungskosten für Anwalt und Steuerberater als Werbungskosten absetzbar?
Die Zahl der Selbstanzeigen ist seit Jahren auf Rekordniveau, auch 2015 haben bislang über zehntausend Menschen reinen Tisch gemacht. Wer bei Zinsen und Dividenden früherer Jahre wieder steuerehrlich werden will, den erwarten hohe Aufwendungen: Die Honorare der Rechtsanwälte und Steuerberater können schnell fünfstellige Summen erreichen, denn die nachzuerklärenden Erträge müssen aufbereitet werden, etwa aus Kontoauszügen oder Gutschriftsanzeigen. Außerdem fallen Gebühren von Kreditinstituten für die Ermittlung der Steuerdaten im In- und Ausland an.
Diese Kosten lassen sich in der nächsten Steuererklärung geltend machen, und zwar als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Der Steuerabzug ist umstritten; er ist grundsätzlich möglich, wenn die Beratungskosten oder Bankspesen im Zusammenhang stehen mit Zins- oder Dividendeneinnahmen bis Ende 2008. Denn bis dahin galt für Kapitalerträge: voller Abzug von Werbungskosten, volle Einkommensteuer (bis 45 Prozent).
Seit 2009 zahlen Kapitalanleger stets 25 Prozent Abgeltungsteuer, können dafür aber nur noch 801 Euro (Verheiratete 1602 Euro) Sparer-Pauschbetrag abziehen; mehr geht nicht. Also lehnen die Finanzämter höhere Werbungskosten heute durchweg ab – auch bei Kapitalerträgen vor 2009. Berufen können sie sich auf ein neueres Urteil des Bundesfinanzhofs (Az.: VIII R 34/13).
Endgültig entschieden ist die Sache jedoch nicht. Deshalb sollten Anleger die Kosten deklarieren, gegen ablehnende Bescheide Einspruch erheben und die Behörden auffordern, erst später zu entscheiden – unter Hinweis auf die in Karlsruhe anhängige Verfassungsbeschwerde (Az.: 2 BvR 878/15).
Vorteilsrechnung mit und ohne Werbungskosten
Ein lediger Steuerzahler macht reinen Tisch. Deshalb hat er jetzt dem Finanzamt Zinsen für die Jahre 2005 bis 2008 nacherklärt. Für die Ermittlung dieser Kapitaleinkünfte hat er insgesamt 20.000 Euro Beraterhonorar und Bankspesen bezahlt (im Steuerjargon: Werbungskosten). Im laufenden Jahr wird er 50.000 Euro Zinsen und Dividenden deklarieren; der Sparer-Pauschbetrag beträgt 801 Euro. Die Rechnung zeigt, wie viel Steuern er spart, wenn das Finanzamt die Werbungskosten anerkennen muss.
Ohne Werbungskosten | |
Zinsen/Dividenden | 50.000 Euro |
Sparer-Pauschbetrag | 801 Euro |
Zu versteuern | 49.199 Euro |
Abgeltungssteuer (25%) | 12.300 Euro |
Mit Werbungskosten | |
Zinsen/Dividenden | 50.000 Euro |
Werbungskosten | 20.000 Euro |
Zu versteuern | 30.000 Euro |
Abgeltungssteuer (25%) | 7500 Euro |
Steuer gespart | 4800 Euro |