Das Landgericht hat den Angeklagten wegen falscher Versicherung an Eides statt in Tateinheit mit vorsätzlichem Betreiben einer Apotheke ohne die erforderliche Erlaubnis in fünf Fällen zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe sowie wegen vorsätzlichen Betreibens einer Apotheke ohne die erforderliche Erlaubnis in weiteren sieben Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe verurteilt.
Seit dem Ende der 80er Jahre hatte der Angeklagte, ein approbierter Apotheker, als wirtschaftliches Fernziel den Betrieb einer sog. Apothekenkette vor Augen. Anders als in anderen europäischen Ländern stand dem jedoch das im deutschen Apothekenrecht bis heute enthaltene „Mehrbetriebsverbot“ entgegen, nach dem die für bestimmte Apothekenräume erteilte Betriebserlaubnis erlischt, wenn dem Erlaubnisinhaber im Geltungsbereich dieses Gesetzes die Erlaubnis zum Betrieb einer anderen (Voll)apotheke erteilt wird. Zwar hatte das Bundesverfassungsgericht 1964 in seinem sog. Apothekenurteil das Mehrbetriebsverbot als eine Regelung der Berufungsausübung mit Art. 12 Abs. 1 GG für vereinbar erklärt, weil es, aufbauend auf dem der deutschen Rechtstradition entsprechenden Leitbild des „Apothekers in seiner Apotheke“, dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung, insbesondere aber auch dem allgemein gebilligten wirtschaftspolitischen Ziel der Förderung des Mittelstandes diene. Der Angeklagte hoffte jedoch auf einen Wegfall des Mehrbetriebsverbots und entwickelte eine Geschäftsidee, die es ihm ermöglichte, zum einen schon jetzt die Standorte für eine spätere – legale – Apothekenkette zu sichern und zum anderen bis zu dem Zeitpunkt, zu dem er die Kette offiziell würde errichten können, bereits Gewinne aus diesen Apothekenstandorten zu ziehen. Hierzu bediente er sich eines Geflechts von wirtschaftlichen Vereinbarungen, die er teils selbst, teils über zwei von ihm beherrschte Gesellschaften mit von ihm ausgewählten Apothekern schloß. Vertragspartner waren jeweils approbierte Apotheker, die aus unterschiedlichen Gründen eine finanzielle Absicherung, die der Angeklagte ihnen bot, dem mit der Neueröffnung einer Apotheke in voller wirtschaftlicher Unabhängigkeit verbundenen Risiko vorzogen. Den Apothekern wurde ein Mindesteinkommen garantiert, das sich am erwarteten Umsatz der Apotheke und an dem Einkommen eines angestellten Apothekers in vergleichbarer Position orientierte. Außerdem sollten ihnen Umsatzprovisionen zustehen. Überschießende Gewinne schöpfte der Angeklagte mittels vielfältiger Verträge ab. Sämtliche vertraulich getroffenen Absprachen, insbesondere die Vereinbarungen über die Begrenzung des Entnahmeanspruchs und die Abschöpfung der Mehrbeträge, wurden den Genehmigungsbehörden verschwiegen. In einigen Fällen sah es das Landgericht zudem als erwiesen an, daß der Angeklagte die vor Ort tätigen Apotheker dazu anstiftete, in eidesstattlichen Versicherungen wahrheitswidrig anzugeben, sie hätten keine wirtschaftlichen Vereinbarungen getroffen, die Dritten (hier dem Angeklagten) eine Gewinnbeteiligung ermöglichten.
Auf die Revision des Angeklagten hat der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs das Urteil u.a. insoweit aufgehoben, als der Angeklagte wegen Betreibens von Apotheken ohne die erforderliche Erlaubnis verurteilt worden ist. Unabhängig von der Frage einer etwaigen Verfassungswidrigkeit des sog. Mehrbetriebsverbots, habe sich der Angeklagte schon deshalb nicht nach Apothekenrecht strafbar gemacht, weil nicht er, sondern die vor Ort tätigen Apotheker die Apotheken nach außen in eigenem Namen und auf eigene Rechnung geleitet und damit im Sinne des Apothekenrechts „betrieben“ hätten. Sog. Strohmannverhältnisse, wie sie das Landgericht als erwiesen angesehen hat, lägen insbesondere deshalb nicht vor, weil der Angeklagte in Auswahl, Beschaffung und Verkauf der Arzneimittel, die den Kern wirtschaftlicher und pharmazeutischer Tätigkeit der Apotheker bildeten, nicht eingegriffen habe. Der Senat hat die Sache jedoch zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen, weil naheliege, daß der Angeklagte durch eine unzulässige wirtschaftliche Einflußnahme auf die Apotheker wegen ordnungswidrigen Verhaltens nach Apothekenrecht zur Verantwortung zu ziehen sein wird.
Urteil vom 25. April 2002 – 4 StR 152/01
Karlsruhe, den 25. April 2002
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